Grundwehrdienst

Grundwehrdienst im einzigen Seelanderegiment der DDR (1972/73)

"... In den ehemaligen Gebäuden des KdF (Kraft durch Freude) Bades Prora, von Hitler als größte Urlaubsanlage der Welt gebaut, aber durch den Kriegsbeginn nie als solche genutzt, war neben vielen anderen auch mein Regiment untergebracht, die Ostsee vor den Füßen. Das war schon ein trauriger Zug von jungen Kerlen mit Reisetaschen, der vom Bahnhof Prora in die Ernst Moritz Arndt Kaserne zog. Keiner fühlte sich wohl, manche versuchten mit Witz und Spott die Situation aufzuheitern. Auf der Regimentsstraße innerhalb des Objektes verging uns allen der Spaß. Eine Kompanie stand aufgereiht, davor erzählte irgendeiner irgendetwas, was wir auf Grund der Entfernung nicht verstanden, es war jedenfalls etwas zur Ausbildung Gehörendes. Aber übersehen konnten wir nicht, dass einer auf dem Bauch, mit Marschgepäck auf dem Rücken, um die Kompanie quälend herum rutschte. Dieser erste Eindruck einer entwürdigenden, menschenverachtenden Situation war schockierend für uns. Plakate an der Regimentsstraße zeigten uns, wo wir waren. Dieses einzige Seelanderegiment der DDR war offenbar eine sogenannte "Eingreiftruppe", die laut Plakate am 13. August 1961 den Frieden gerettet hatte und den Mauerbau schützte. Zum Prager Frühling habe man mit laufenden Motoren auf den Einsatz gewartet. Vielleicht können Sie sich vorstellen, was in uns vorging. (...) Der robbende Soldat am Anfang blieb kein Geheimnis, es war die Strafe für Disziplinlosigkeit wie Sprechen im Glied.
Wir wurden zum Exerzieren tüchtig herangenommen. Bei ungewohnten, teilweise drückenden und schmerzenden Stahlhelmtragen, fiel der eine oder andere um. Darüber hinaus lernten wir schockierende Zustände kennen. Haben Sie schon einmal etwas von einer EK-Bwegung gehört? (...) Wenn man heute darüber nachdenkt, sieht im Geiste unser Panzerbataillon mit 40 Panzern in Marschkolonne mit donnernden Motoren ausrücken, dass die Erde bebte, dann ist es ein Wunder, dass die Wende ohne Blutvergießen ablief."

Quelle: Roland Kehr, Nicht klagen, kämpfen!, Mittelstandsgeldanlagen schaffen Arbeitsplätze und gute Renditen, Eisenach 2006, S. 45-51.

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