Ein Grundwehrdienstleistender

Ein Grundwehrdienstleistender aus Prora berichtet:
 
Hallo,
ich war Soldat 1978-1980 im MSR, 3. Granatwerferbatterie. Urlaub: 2x 5 Tage, Kurzurlaub : 3x ein Wochenende bis Montag. Natürlich erst Abmarsch durch den Kdl, wenn die Norm im 3000m-Lauf bzw. Sturmbahnlauf mindestens mit 3 geschafft war. Letzteres für mich kein Problem, dennoch setzte die Führung alles daran, dass man erst 19 Uhr das Objekt verließ. 19 Uhr in Prora!! und nun nich nach Magdeburg kommen! Da war die 1. Nacht schon mal hin. Es ist alles schon soo lange her, dass es schwerfällt, Details zu nennen.
Habe mich letzten Sommer (2008) illegal in das Gebäude des 3. Battaillons begeben und meine Stube aufgesucht, die sich so ins Gedächtnis eingebrannt hat, dass ich glaubte, alles spielend wieder zu finden. Doch es bedurfte einiger Mühen und Fehlversuche. Schließlich stand ich darin, manche Wände leicht verändert, doch die Stelle, an der mein Bett stand, mit Seeblick (oben) , habe ich gefunden und mich verewigt an der Wand zwischen den Fenstern. Ja, und es war ein emotionaler Moment aus mehreren Gründen.
Die geistige und moralische Minderbemitteltheit der Führung ( Uffz. Knopf, Pankow, Bertz, )wurde schon oft hier beklagt, da kann man nichts hinzufügen, zwei Ausnahmen fallen mir ein: Uffz. Trautmann aus Meckpom. , und Uffz. Krönert aus Sachsen, die waren trotz ihrer Jugend auch von ihrer menschlichen Entwicklung her geeignet für ihre Aufgaben.
Am meisten habe ich über Menschen gelernt in meiner Stube im Zusammenhang mit dem EK-System. Gefreiter Schöttle, Hille, Wehner...Widerwärtig, primitiv. Eine maßlose Enttäuschung für mich, der gerade mal 18jährig das Abitur hatte und nun mit den Abgründen menschlicher  Realität zu tun bekam. Zu fünft oder sechst in der Stube, die Neuen waren "die Glatten" und es gehörte sich, vom einzigen Neuen in der Stube das Geschirr 3xtäglich waschen zu lassen , die Stube und den endlos langen Gang täglich mehrmals allein zu reinigen, den Müll zu entleeren, Kaffee zu kochen (illegal), Einkäufe im Regiment zu erledigen...alles unter ausdrücklicher Duldung der Batterieführung Feldwebel Hinz, Hauptmann Bork, Oberleutnant Mrosek ( letzterer ein dramatisches Phänomen menschlicher Primitivität)... Der Winter 78/79 war ein entsetzliches Ereignis. Schneealarm am Neujahrsmorgen und auch später noch. Mit primitivsten Mitteln ( Schaufeln) den Tag im Schneesturm verbracht, mit allen Sachen gegen die Kälte , die es zu tragen gab. Bei allem., wenigstens machten wir hier ein einziges mal etwas Sinnvolles.
In Erinnerung sind mir auch noch die schweren Märsche zu Übungen in Richtung Mukran oder in andere Hügel, die Granatwerfer ziehend, bergauf, mit allem Gepäck. ( ich musste es nicht, denn ich schleppte ein Funkgerät von 18kg Gewicht plus Marschgepäck) Was für ein Schwachsinn. Ja und die Frühsportrunden, um den Block, Gott wer weiß wie weit das war? "Raustreten in 5 Minuten", ungewaschen, danach 40 Leute an der Rinne stehend , um 30 Sekunden etwas kaltes Wasser für das Nötigste zu bekommen, das 3mal tägliche Marschieren zu den Mahlzeiten bei Gesang ( Spaniens
Himmel),,,
Das Alter der Granatwerfer und der Munition ( 1943!!!) spricht für sich, es war wirklich militärtaktisch von überhaupt keiner Bedeutung , was im Zeitalter der atomaren Hochrüstung in Prora betrieben
wurde, es was eine reine Disziplinierungsanstalt und Spielwiese bekiffter Militärs aus der 3. Garnitur.
Wenn mir mehr einfällt, schreibe ich nochmals.
Wo sind die o.g. guten Uffze? , Gefreiter Gieler, Hoke, Buss, Stänker, ...?

Es freut sich über Kontakte
Gefreiter Thomas Hahnel.

 

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